Licht ist in der Physik eine elektromagnetische Welle. Das naturwissenschaftliche Weltbild analysiert genau, und ist doch gleich Schachmatt, wenn es um die Bedeutung des Lichtes für den Menschen geht. Die Meta-Physik umfasst alles, was über die Physik hinausgeht. Homer sagt alles ist nur Oberfläche. Für Platon sind die Ideen die wirklichere Welt. Das Sein steht aber für die wunderbare Tatsache, dass alles in sich selbst Wert hat und doch Zeichenhaft werden kann, als Symbol oder Metapher für etwas anderes. Genau hier setzt der zivilisationskritische Ansatz von Hermann Präg an: das Inter-nette Abbild zeigt nur ein Smily-Face-book, nicht mehr. Die Innere Welt geht verloren weil ein Bilder-Tsunami sie mit visuellem Lärm restlos überschwemmt.
Die mediale Welt hat jedenfalls große Probleme mit dem Inneren. Die Lichtsäule kann als Metapher für den Menschen insgesamt gesehen werden: Durch die Medialisierung des Menschen in der Gegenwart, bekommt das äußere Erscheinungsbild des Menschen eine übergroße Bedeutung. Präg sagt: „Ich glaube, dass es deswegen bestimmte Inhalte, vor allem die des Inneren, sehr schwer haben, etwa im Internet, transportiert zu werden.“ Deswegen hat der Mensch heute einen gewissen Verlust des inneren Bereiches zu verkraften. Ich staunte nicht schlecht, als mich der Künstler Hermann Präg in sein Atelier, einen Geräteschuppen in einem Bregenzer Hinterhof führte, als ich sah, was da für brillante Lichtkunstwerke zwischen Fahrrädern und Schischuhen den Raum ausleuchteten. Die Entdeckung war allerdings nur eine persönliche, denn das Werk von Hermann Präg hat, (obwohl er am Kunstwerk bis jetzt nicht reüssieren konnte, er musste ein einziges bei einer Galerie in Kommission gegebenes Werk selbst wieder abholen), die höheren Kunstweihen spätestens im Juli 2011 erhalten, wenn ein (Kunstpapst Namens) Peter Weibel am ZKM, Zentrum für Medientechnologie, in Karlsruhe für diese Lichtsäule, die den Eindruck von „plastisch geformten und freischwebenden Lichtern“ vereint, ausgezeichnet hat. Der Künstler kann seine Kunst jedenfalls kompromisslos betreiben, wie er selbst sagt, weil er seine Brötchen als Lehrer am örtlichen BG-Gallusstraße verdient, und so auf Geld aus der Kunst nicht angewiesen ist.
Prometheus hat das Feuer aus dem Himmel gestohlen, um es den Menschen zu bringen. Dafür wurde er auf Veranlassung von Zeus an den Kaukasus geschmiedet, und ewig kommt ein Adler und frisst an seinen sich ständig erneuernden Eingeweiden. Christlich verschärft ist es Luzifer, der Lichtbringer, der den Menschen das Licht bringt und in die Hölle hinabstürzt. Gleichzeitig sagt Christus von sich „Ich bin das Licht der Welt“. Es gilt offenbar in der europäischen Geistesgeschichte zwischen Licht und Licht zu unterscheiden. Dabei sollte die gnostisch klare Aufspaltung in gutes Licht und böse Finsternis vermieden werden, wiewohl der Schöpfergott ganz zu Beginn Tag und Nacht, Licht und Finsternis in einer nicht zu überbietenden kreativen Geste trennt. Der Unterschied von Kunstlicht und Kommerzlicht sollte in der „stillste Zeit im Jahr“ mit dem grellsten Lichtgeschrei eigentlich leicht fallen. In der allgemeinen adventlichen Lichtverschmutzung auf Weihnachten zu, ist diese Lichtsäule jedenfalls eine Licht-Oase, und es ist uns allen ein Verweilen und Trinken an dieser Lichtstelle zu wünschen. Wenn die Nacht am längsten ist, leuchtet bekanntlich das Seelenfünklein eines kleinen Gottes auf, der im Licht des Ostermorgens alle erlösen wird. Im Land von „Zumtobel Leuchten“, wo es auch exklusive Lichter zu Dumpingpreisen gibt, im Keller des Lichtshops für 1 Euro pro Stück, da tut so eine Lichtsäule von Hermann Präg wirklich Not.
Die Geschichte des Künstlers ist geprägt durch einen erlittenen Übergang von der Malerei zur Installation, vom Dunkel zum Licht: „Ich wollte, dass das Schwarze das Weiße in meinen Bildern zum Aufleuchten, ja zum Blitzen bringt. Das heißt das Licht war für mich immer eine Randerscheinung.“ Auf einmal hat sich Hermann Präg in dieser Situation gefragt, warum er eigentlich nicht mit dem Weißen, dem Licht weiterarbeitet. Wie bei einer optischen Täuschung wechselte er plötzlich den Blickwinkel. So hat Präg den Sprung von schwarzen Bildern zu leuchtenden Installationen geschafft. Nun arbeitet er direkt mit dem Licht. Am liebsten hat er nämlich das „absolute Weiß“, weil die kommerzialisierte Buntheit findet man ohnedies schon überall in unserer „Neuen schönen Welt“, wie sich Aldous Huxley ausdrücken könnte. (Während Hermann Präg sich früher mit dem Dunkel seiner Bilder abkämpfte, hat er nun zum strahlenden Licht seiner Kunst-Säulen gefunden).Wenn er nun gemeinsam mit der markanten Lichtsäule auch malerische Arbeiten, Tusche auf Papier, ausstellt, dann geht er gleichsam auf seiner künstlerischen Entwicklung spielerisch einen Schritt zurück, sucht von Neuem im Schwarzen das Licht. Ins Auge fallen bei diesen Arbeiten, die ganz realen, technischen Details, wie etwa den Konverter der Lichtsäule. Diese skizzenhaften Details haben etwas von gemalten Readymades in assoziativer Nachfolge von Marcel Duchamp, Vorgefundenes das als solches auf das Licht verweist. Nicht minder staunte der Schreiber dieser Zeilen beim Studium der kulturphilosophischen Texte, die Präg auf seiner Website platziert hat. „Bilder decken die Welt zu. Verhindert die globale Verdunkelung“, heißt es da programmatisch und eine kundige Feder entwickelt eine positive Sicht auf die Denkart der Gegenwart, die in kritischer Distanz zu der angestaubten Postmoderne eines Derrida wie nebenbei zu Begriffen wie Subjekt, Metaphysik, Transzendenz und Gott zurückfindet.
Von der Postmoderne als nihilistische Spielart europäischer Geistesgeschichte ist nur eine verblassende Erinnerung geblieben, eher noch präsent sind die Urväter der Moderne wie Nietzsche, Freud und Kant. Jetzt ist der Glaube wieder da, wiewohl im Widerstreit mit anderen Weltanschauungen ist der Christ längst ein Mystiker geworden (Karl Rahner), der seinen persönlichen Glauben wirklich lebt. In den Intellektuelle Milieus gibt es seit geraumer Zeit so etwas wie die Rückkehr der Religion, vgl. „Die Zeit“ , einst Flaggschiff der linksliberalen Revolte, gibt neben verschiedenen Weltanschauungen in der Rubrik „Glauben und Zweifeln“ spiritueller Spurensuche ein Forum. Wiewohl Hermann Präg in diesem Kontext in keinster Weise vereinnahmt werden darf und soll.
Bleibt für mich erstaunlich wie seine Arbeiten implizit, und seine Texte mitunter ziemlich unverfroren und klar Nähe zur Welt des Christentums signalisieren, und so nicht nur der Kunst, sondern auch der Kirche einen möglichen Weg in die Zukunft weisen könnten.
Nicht von ungefähr hat Hermann Präg 2008 das Jubiläum „50 Jahre Pfarre Herz-Jesu“ und „100 Jahre Herz-Jesu-Kirche“ mit einer monumentalen Lichtinstallation gekrönt, und das, obwohl Hermann Präg „das Gefühl hatte, dass die Kirche den Bezug zur Kunst verloren hatte“. Präg war „angenehm überrascht als sein Projekt, das er einfach ins Blaue hinein geplant hatte“, genehmigt wurde. Die Lichter leuchteten damals Nächtens nach einem vorprogrammierten Ablauf, je näher der Festgottesdienst am 23. November 2008 rückte, desto häufiger schlug der Blitz von außen ins Innere des Kirchengebäudes ein. Mit einer beinahe diebischen Freude stand Hermann Präg auf seinem Balkon, von dem er das korrekte Aufleuchten des Lichtes genau verfolgen und überprüfen konnte. (Präg humorvoll: „Für eine befristete Zeit schenkt Gott der Pfarre Herz-Jesu den Himmel auf Erden.“) Im Kontext der Herz-Jesu-Blitze schreibt er: „Eine Tanszendenzerfahrung, eine Gotteserfahrung, übersteigt jede gewohnte Sinneserfahrung. Sie wird begleitet von Glücks- und/oder Schmerzerfahrungen und führt zu einer ungewohnten Erkenntnis.“ In Anlehnung an große kunsthistorische Vorbilder liest einer bei Präg: „In Fra Angelicos `Stigmatisierung des hl. Franziskus´ führen Lichtstrahlen zu den Wundmalen Christi. Das schmerzhafte Getroffensein mit gleichzeitig offener Zuwendung wird im Bild sichtbar gemacht.“ Das ist echte Mystik.
Im Werk von Hermann Präg ist es allerdings nur eine Facette seines Werkes, tritt man auf den anderen Balkon des Domizils von Hermann Präg, dann blickt man direkt aufs Kunsthaus, und da wird deutlich, dass Präg durch und durch Künstler ist, da moniert er die frühere Hierarchiesierung der Kunst durch die Kirche und besticht durch feine Analysen zu Valie Export. Hermann Präg steht in kritischer Distanz zu Kunst, Wirtschaft und Kirche. Seine Frage nach dem Subjekt führt unweigerlich zu Fragen der Transzendenz, die Physik schlägt in seinen Lichtsäulen in leuchtende Meta-Physik um.
Im Werk von Hermann Präg ist es allerdings nur eine Facette seines Werkes, tritt man auf den anderen Balkon des Domizils von Hermann Präg, dann blickt man direkt aufs Kunsthaus, und da wird deutlich, dass Präg durch und durch Künstler ist, da moniert er die frühere Hierarchiesierung der Kunst durch die Kirche und besticht durch feine Analysen zu Valie Export. Hermann Präg steht in kritischer Distanz zu Kunst, Wirtschaft und Kirche. Seine Frage nach dem Subjekt führt unweigerlich zu Fragen der Transzendenz, die Physik schlägt in seinen Lichtsäulen in leuchtende Meta-Physik um.
Wolfgang Ölz, Galerie K12,
17. November, Vernissagerede,
schriftliches Konzept.